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Schwieriges Verhalten, frech und aufmüpfig sein – warum Strafen alles schlimmer machen

In meinen Mentoring-Sitzungen und Gesprächen begegnet mir immer wieder dieselbe Frage: Wie reagiere ich richtig, wenn mein Kind gegen Regeln verstößt, lügt, haut oder Schimpfwörter benutzt? Die Unsicherheit vieler Eltern zeigt, wie tief die überholten Vorstellungen über Kindererziehung in uns verwurzelt sind. Zudem fehlt oft das Wissen, wie Kinder denn wirklich sind, was sie brauchen und wie wir uns als Eltern angemessen verhalten können.

Das liegt nicht an uns Eltern selbst, wir machen nichts falsch. Wir erleben eine Zeitenwende: Wir wissen heute, das eine autoritative, von der „Macht des Stärkeren“ geprägte Erziehung der gesunden Entwicklung absolut schadet. Doch fehlen in der Regel die Vorbilder und der Zuspruch für neue Wege.

Wie sollen Eltern sich sicher und entspannt fühlen, wenn Wissen und Strategien fehlen?

Ich möchte dir in diesem Text bewusst machen, dass das „Problem“ sehr wahrscheinlich nicht bei deinem Kind liegt – und auch nicht bei dir. Sondern in den „Wissenslücken“ und den fehlenden Werkzeugen.

Die gute Nachricht: Mit der richtigen Herangehensweise lassen sich Wissenslücken schließen und wirksame Werkzeuge erlernen!

Strafen und ihre schädlichen Folgen

Häufig greifen Eltern zu Strafen oder sogenannten logischen Konsequenzen, um das Verhalten ihrer Kinder zu beeinflussen. Doch auch wenn sie oberflächlich funktionieren können, sind Strafen weder nachhaltig noch sinnvoll. Forschung* zeigt, dass Strafen Kindern schaden, insbesondere ihrer emotionalen Entwicklung. Wenn wir Kinder anschreien oder bestrafen, geraten sie in Angst, können nichts lernen und ihr Verhalten nicht ändern. Stattdessen wird die Beziehung zwischen Eltern und Kind belastet – und genau diese Beziehung ist der Schlüssel für Veränderung.

Logische Konsequenzen werden oft als eine sanftere Form der Bestrafung dargestellt, sind aber meist dasselbe in anderem Gewand. Ein Beispiel: „Du hast das Tablet nicht rechtzeitig ausgeschaltet, also darfst du es morgen nicht benutzen.“ Das ist keine natürliche Konsequenz, sondern eine fingierte Strafe. Eine echte, natürliche Konsequenz wäre, dass das Tablet ausgeht, weil der Akku leer ist. Oder dass wir erklären: „Wenn wir zu müd sind, können wir heute Abend kein Buch mehr lesen.“

Warum verhalten sich Kinder so, wie sie sich verhalten?

Kinder handeln niemals, um ihre Eltern zu ärgern oder zu manipulieren. Wenn Kinder Regeln übertreten oder sich schwierig verhalten, gibt es immer einen Grund: Übermüdung, Frust, Überforderung oder das Gefühl, nicht gesehen zu werden. Kinder sind von Natur aus soziale Wesen und wollen kooperieren. Wenn das nicht gelingt, ist die Frage: Warum? Und was brauchen sie?

Hier anzusetzen, erfordert von uns als Eltern, von der Verhaltensebene wegzukommen. Statt uns in Diskussionen oder Machtkämpfen zu verlieren, sollten wir uns darauf konzentrieren, das Verhalten zu entschlüsseln. Dies ist oft herausfordernd, weil viele von uns selbst Strafen und Schimpfen erlebt haben und diese Muster tief in uns verankert sind.

Neuroplastizität und lebenslanges Lernen

Was wir heute wissen: Unser Gehirn ist neuroplastisch. Das bedeutet, wir können ein Leben lang lernen und uns verändern. Die ersten Lebensjahre sind zweifellos besonders prägend, aber es ist niemals zu spät, neue Verhaltensmuster und Prägungen zu schaffen – für uns und unsere Kinder. Wenn wir liebevoll, empathisch und mit Verständnis reagieren, stärken wir die Beziehung zu unseren Kindern und geben ihnen wichtige Ressourcen für ihr Leben mit.

Verbindung statt Kontrolle

In emotional aufgeladenen Situationen verlieren wir oft die Verbindung zu unseren Kindern. Wir handeln aus Angst, sie könnten „schlecht geraten“, und greifen zu Strafen oder erhobenem Zeigefinger. Dabei ist es viel wirksamer, die Energie darauf zu verwenden, die Ursache des Verhaltens herauszufinden. Warum hat mein Kind das getan? Was steckt dahinter?

Ein erster Schritt ist, innezuhalten und die eigenen Gefühle wahrzunehmen. Vielleicht spüren wir, dass alte Glaubenssätze aktiviert werden („Wenn ich jetzt nicht durchgreife, tanzt mir das Kind auf der Nase herum“). Das Bewusstsein darüber hilft uns, anders zu reagieren und die Verbindung zu unseren Kindern wiederherzustellen.

Gemeinsames Lernen

In meinem Mentoring-Programm erlebe ich immer wieder, wie Eltern und Kinder sich auf einer tieferen Ebene kennenlernen, wenn sie beginnen, Verhalten zu entschlüsseln und ihre Beziehung zu stärken. Konflikte nehmen ab, das Verhältnis entspannt sich, und Kinder wie Erwachsene finden zur Ruhe. Eine Teilnehmerin berichtete, wie ihr zuvor konfliktreiches Kind sich innerhalb weniger Wochen zu einem ausgeglicheneren und liebevolleren Familienmitglied entwickelte.

Fazit: Einfühlung statt Eskalation

Der Weg zu einer respektvollen, liebevollen Erziehung ist nicht immer leicht, aber er lohnt sich. Indem wir uns von alten Mustern lösen und auf Verständnis statt Kontrolle setzen, schaffen wir eine Umgebung, in der unsere Kinder sich sicher und geliebt fühlen. Das ist das beste Fundament, das wir ihnen mitgeben können – für ein gesundes, glückliches Leben.

Wenn du diesen Weg gehen möchtest und Unterstützung suchst, melde dich gerne für ein kostenloses Erstgespräch. Gemeinsam können wir herausfinden, wie du deine Beziehung zu deinem Kind stärken und eine neue Dynamik schaffen kannst.

*Forschung zur Auswirkung von Strafen etc.:

Es gibt eine Fülle von wissenschaftlichen Studien, die darauf hinweisen, dass strenge, machtvolle, gewaltvolle und strafende Erziehungsmethoden negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben können. Diese Studien kommen aus verschiedenen Bereichen der Psychologie, Pädagogik, Soziologie und Neurowissenschaften. Hier sind einige davon:

1. Neurowissenschaftliche Studien:

   – Eine Studie von Beauchaine und Kollegen (2015) untersuchte die Auswirkungen von gewaltvoller Erziehung auf die Gehirnentwicklung von Kindern. Sie fanden heraus, dass Kinder, die körperlicher Bestrafung ausgesetzt waren, Veränderungen in der Struktur ihres Gehirns aufwiesen, insbesondere in Bereichen, die mit Emotionsregulation und Stressbewältigung in Verbindung stehen.

2. Psychologische Studien:

   – Eine Meta-Analyse von Gershoff und Grogan-Kaylor (2016) untersuchte Daten aus mehr als 50 Jahren Forschung und kam zu dem Schluss, dass körperliche Bestrafung bei Kindern mit einer Vielzahl negativer Ergebnisse in Verbindung gebracht wurde, darunter erhöhte Aggression, antisoziales Verhalten, psychische Probleme und schlechte Eltern-Kind-Beziehungen.

   – Eine Langzeitstudie von Dodge und Kollegen (2009) fand heraus, dass Kinder, die wiederholt strenger Erziehung ausgesetzt waren, ein höheres Risiko für eine Vielzahl von Problemen im späteren Leben hatten, darunter kriminelles Verhalten, Drogenmissbrauch und psychische Störungen.
Gershoff und Grogan-Kaylor (2016): In ihrer Meta-Analyse zur körperlichen Bestrafung von Kindern schlossen die Autoren auch Studien ein, die sich mit anderen Formen der Strafe, einschließlich emotionaler Bestrafung, befassten. Sie fanden heraus, dass emotionale Bestrafung mit einer Vielzahl negativer Ergebnisse verbunden war, darunter erhöhte Aggression, Angst, Depression und antisoziales Verhalten bei Kindern.

3. Soziologische Studien:

   – Eine Studie von Straus und Mouradian (1999) untersuchte den Zusammenhang zwischen gewaltvoller Erziehung und späterer Gewaltbereitschaft. Sie fanden heraus, dass Kinder, die körperlicher Bestrafung ausgesetzt waren, eher dazu neigten, als Erwachsene Gewalt anzuwenden, sei es in Form von häuslicher Gewalt oder in anderen Kontexten.

4. Pädagogische Studien:

   – Eine Übersichtsarbeit von Ferguson (2013) analysierte verschiedene Studien zum Thema und kam zu dem Schluss, dass alternative Erziehungsmethoden, die auf positiver Verstärkung und Konfliktlösung basieren, effektiver sind und langfristig bessere Ergebnisse für die Kinder erzielen.

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