Warum Vertrauen beim Sozialverhalten wichtiger ist als Konsequenzen
Vielleicht hast du es schon gehört oder dich selbst gefragt: „Wie soll mein Kind lernen, was richtig und falsch ist, wenn es keine Strafen oder Konsequenzen gibt?“ Das kann ich gut verstehen! Dieser Text beleuchtet genau diese Frage.
Wir Erwachsenen tragen oft tief verankerte Glaubenssätze über Erziehung in uns, die aus längst überholten pädagogischen Ansätzen stammen. Die Idee, dass Kinder durch Strafen oder Konsequenzen „geschliffen“ werden müssen, ist ein Überbleibsel der sogenannten schwarzen Pädagogik. Diese Annahme, dass Kinder von Natur aus „roh“ und unfertig sind, prägt immer noch viele Erziehungsstile – und das oft, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen.
Kinder lernen durch Beziehung
Doch die moderne Bindungsforschung zeigt: Kinder entwickeln Empathie, Rücksicht und Moral nicht durch Strafen, sondern durch die Erfahrungen, die sie machen. Außerdem ist im menschlichen Bedürfnis nach Bindung und Liebe auch unsere Kooperationsbereitschaft verankert: Wir wollen von Natur aus einen Beitrag zum Wohl der Gruppe leisten. Kinder allerdings befinden sich noch in Entwicklung und oft übersehen wir ihre Bereitschaft im Stress und Alltagstrubel.
Es gibt eine richtig gute und beruhigende Nachricht: Wenn Kinder mit ihren Bindungs- und Beziehungspersonen erleben, dass sie mit Respekt, Liebe und Verständnis behandelt werden, entwickeln sie diese Eigenschaften wie von selbst. Die Fähigkeit dazu, die in ihnen liegt, geht auf wie ein Samen.
Ein Beispiel aus meinem Alltag: Einer meiner Söhne brachte mir neulich eine zerbrochene Tonpfeife, die seinem Bruder gehörte. Er war aufgelöst und zutiefst bedrückt über das Missgeschick. Habe ich geschimpft (das empfinden Kinder übrigens bereits als Bestrafung und setzt sie unter enormen Stress)?
Nein. Anstatt zu schimpfen, habe ich ihn getröstet und seine Ehrlichkeit wertgeschätzt. Durch sein Verhalten weiß ich: Mein Kind hat keine Angst vor mir, sondern sieht mich als sicheren Hafen an. Es vertraut mir. Sein Verhalten zeigt mir außerdem: Es tut ihm leid, dass das geschehen ist.
Schaffen wir es als Erwachsene, uns von alten Meinungen und Ängsten zu lösen, trägt es dazu bei, dass Kinder langfristig Verantwortung übernehmen und aufrichtig mit anderen umgehen. Wenn wir stattdessen auf Strafen setzen, riskieren wir, dass unsere Kinder sich zurückziehen und uns in schwierigen Situationen nicht mehr anvertrauen.
Wissen und Vertrauen statt Angst
Vertrauen ist der Schlüssel – nicht nur in den Kindern, sondern auch in uns selbst. Das bedeutet nicht, dass wir keine Grenzen setzen oder nicht deutlich machen, was uns wichtig ist. Es bedeutet, dass wir in schwierigen Momenten nicht mit Wut oder Drohungen reagieren, sondern mit Klarheit und Mitgefühl. So lernen Kinder nicht nur, was falsch ist, sondern auch, warum es falsch ist – und vor allem, wie sie es besser machen können.
Hier kommt ein riesiges ABER
Und jetzt kommt ein wichtiges Aber, das ich dir nicht vorenthalten kann und will: Ich bin Mama von 3 Kindern. Seit vielen Jahren darf ich außerdem Eltern dabei begleiten, weniger zermürbende Konflikte mit ihren Kindern zu führen und weniger zu schimpfen – ich weiß, dass sich all das hier wunderbar einleuchtend und einfach liest. Und gleichzeitig ist es sehr herausfordernd, das im Alltag umzusetzen, allein schon, weil wir auch oftmals erst lernen müssen, auf unsere eigenen Grenzen zu achten und diese liebevoll zu kommunizieren.
Warum schreibe ich das an dieser Stelle? Weil ich weiß, dass es etliche Texte wie diesen gibt. tolle Bücher, hilfreiche Podcastfolgen. Dass Eltern versuchen, die Dinge anzuwenden – und das ist großartig. Dass es in vielen Fällen aber eben nicht so richtig funktioniert. Das hat verschiedene Gründe – die aber alle total normal sind.
Das Problem? Eltern werfen sich dann vor, dass sie es nicht hinbekommen. Oder sie denken, dass diese Art der Erziehung bei ihrem Kind nicht funktioniert. Durch den Frust darüber kann noch mehr Stress entstehen.
Wir alle brauchen Zeit und Unterstützung, wenn wir erfolgreich Veränderung in unseren Alltag implementieren wollen – egal in welchem Bereich. Sei also nachsichtig mit dir! Achte außerdem, wie gesagt, auch darauf dass deine eigenen Akkus ausreichend gefüllt sind, denn sonst explodieren wir alle. Auch das: Ein Lernprozess. Einer, von dem wir aber ein Leben lang mehr Gesundheit, Selbstbestimmtheit und Authentizität gewinnen – auch über unser Elternsein hinaus.
Fazit: Was dein Kind wirklich braucht
Kinder brauchen keine Angst vor Konsequenzen. Sie brauchen Vertrauen, Respekt und Vorbilder, die ihnen zeigen, wie man mitfühlend, respektvoll und verantwortungsvoll lebt. Wenn wir ihnen diese Erfahrungen ermöglichen, entwickeln sie genau die sozialen Fähigkeiten, die wir uns für sie wünschen.
Und Kinder brauchen Erwachsene, die gelernt haben, ihre eigenen Grenzen zu spüren – und zwar bevor sie explodieren.
Deine Juli
PS: Wie du vielleicht weißt, begleite ich Eltern dabei, neue Strategien für den Alltag zu finden und umzusetzen. Wenn du wissen möchtest, welcher Weg für dein Kind und dich zu mehr Gelassenheit, einem fröhlicherem und leichteren Miteinander führen kann, sprich mit uns – kostenlos und unverbindlich. Trage dich hier für einen Termin ein und wir schauen gemeinsam auf deine Situation und deine Wünsche: >>>dein Termin